„SaF“ oder „Eine blühende Landschaft in Saarbrücken“

>> Die Berliner Promenade

Das Projekt „Stadtmitte am Fluss“ ist kein Mittel gegen den Niedergang von Stadt und Land, den die Befürworter des Projektes an die Wand malen. Die Probleme des Saarlandes und der Stadt Saarbrücken haben andere Ursachen als einen fehlenden Yachthafen in der Innenstadt und eine fehlende repräsentative Vorfahrt zum Landtag (die im „Boulevard“ integriert werden soll).

Es liegt auch nicht am Fehlen von Nobelmarken auf der Berliner Promenade, und durch eine insgesamt kaum merkliche Lärmreduzierung durch einen verkehrstechnisch unsinnigen Tunnel können diese Ursachen sicher nicht beseitigt werden. Zumal der Tunnel erst mit einem absolut schwachsinnigen Abriss und Neubau der voll funktionsfähigen, nicht einmal sanierungsbedürftigen Wilhelm-Heinrich-Brücke ermöglich werden kann. Der Abriss und Neuaufbau auch der Luisenbrücke wird aus Gründen des Hochwasserschutzes erforderlich. Die zusätzlichen Kosten hierfür sind noch nicht veröffentlicht. Angesichts der Finanzsituation des Saarlandes und der Stadt Saarbrücken darf man sich getrost die Frage stellen, ob die politische Zurechnungsfähigkeit der Verantwortlichen in Stadt und Land noch gegeben ist. Und ob diese nicht den entscheidenden Ausschlag für den Verlust der Eigenständigkeit des Saarlandes liefern wird. Zumal das Geld von denen kommen soll, denen ein Interesse an einer Länderneugliederung unterstellt wird.

Seit Jahren wird auf die Notwendigkeit von Investitionen in Bildung, Innovation und anderen nicht betonier- oder asphaltierbaren Zukunftsaufgaben hingewiesen. Das Gegenteil wird getan und geplant. Kindergärten und Grundschulen werden geschlossen; in der Folge werden auch noch zahlreiche Sportanlagen und -hallen wegfallen. Andere soziale und kulturelle Einrichtungen werden durch finanzielle Kürzungen in ihrer Existenz bedroht. Was Gemeinsinn und Lebensqualität ausmacht, wird zu Gunsten von Beton und Asphalt abgebaut. Damit steigt weder die Attraktivität der Stadt, noch erhöht sich dadurch die Lebensqualität für die Menschen, die hier bleiben oder sich hier ansiedeln wollen.

Die wirtschaftlichen Erwartungen, die zum Beispiel an die millionenschwere Neugestaltung der Bahnhofstraße geknüpft wurden, haben sich nicht erfüllt. Leerstände von Büro-, Geschäfts- und Wohnflächen in der Bahnhofstraße selbst, aber insbesondere auch in der Kaiserstraße und auf der Berliner Promenade waren und sind die Folge. Die Illusion ist geplatzt, dass es nur einer attraktiveren Einkaufstraße bedürfe, damit die Menschen mehr Geld ausgeben als sie haben. Man muss Politiker sein, um dieses Denkmodell für logisch zu halten. Wie sonst wäre es möglich, dass bisher weit mehr als eine halbe Million Euro für die Planungen einer „Stadtmitte am Fluss“ ausgegeben wurden? Nicht eingerechnet die Kosten der Werbeaktionen, die vom „Förderkreis Stadtmitte am Fluss“ finanziert wurden. Ende Mai 2005 wurden für weitere Planungen des Projektes „Saf“ 3,2 Millionen Euro vom Land bewilligt und zur Verfügung gestellt.

Politische Kurzsichtigkeit verdrängt mit trauriger Regelmäßigkeit das Problem der Folgen: Die Folgekosten dieses Projektes werden dauerhaft Kommunal- und Landesmittel binden. Sie bei Grundschulen, Kindergärten und anderen sozialen und kulturellen Einrichtungen einzusparen, um sie über ein Bauprojekt in die privaten Taschen von Architekten, Planungsbüros und Bauunternehmen zu schleusen, ist - gelinde gesagt - unanständig. Diese Folgekosten der „Stadtmitte am Fluss“ müssen künftig von der Allgemeinheit getragen werden.

Der Saarbrücker Haushalt gibt heute kaum 50.000 Euro her, um das der Stadt geschenkte Glockenspiel am Rathaus reparieren lassen zu können (Folgekosten eines Geschenks!). Woher soll dann ein Vielfaches dieser Summe alljährlich für Betrieb, Unterhalt und Zinszahlungen der „Stadtmitte am Fluss“ kommen? Die Liegeplatzgebühren im Yachthafen für die Nobelkundschaft einer luxussanierten Berliner Promenade werden dafür kaum ausreichen. Ein Massenandrang in den gewünschten Luxusgeschäften und Spitzenrestaurants wird weder zu erwarten sein, noch zu einer Verbesserung der Arbeitsplatz- oder Einnahmesituation der Stadt Saarbrücken führen. Es mag sein, dass die Befürworter der „Stadtmitte am Fluss“ die „Milchmädchenfachschule“ mit Prädikat absolviert haben: Die Manager der Nobelmarken werden nicht einmal rechnen; sie werden sich mit einem Blick auf die saarländische Einkommensstatistik begnügen.

Mit der Realisierung der „Stadtmitte am Fluss“ wird zwangsläufig eine neue Sparrunde anlaufen müssen. Ungeachtet der Lösungen, die zur Zeit für das Staatstheater gesucht werden; nach der „Stadtmitte am Fluss“ droht dort nur noch die „Saarbrücker Puppenkiste“ auf dem Spielplan zu erscheinen.

Darüber hinaus darf nicht vergessen werden, dass es während der angenommenen - sehr optimistisch kurzen Bauzeit - von fünf Jahren für das gesamte Projekt zu einem Einbruch im überregionalen Tourismus und des Einkaufstourismus aus Nachbarstädten nach Saarbrücken kommen wird. Selbst wenn es gelingen sollte, die Fünf-Jahres-Großbaustelle „Innenstadt Saarbrücken“ halbwegs ohne größeres Verkehrschaos abzuwickeln: Ein kleines Verkehrschaos hat ebenfalls zu wenig Charme, um Touristen und Kundschaft anzulocken.

Die Frage wird sein, wie viele Hotels und Geschäfte diesen Zeitraum nicht überstehen werden, wie viele Arbeitsplätze verloren gehen und wie viele Jahre es dauern wird, um diese Verluste auszugleichen. Dass parallel zur „Stadtmitte am Fluss“ mit dem Bau des „Eurobahnhofs“ und des Ludwigskreisels begonnen werden soll, lässt befürchten, dass über Jahre hinaus mehr Betonmischer als externe Kundschaft in Saarbrücken zu sehen sein werden. Ob mit einem Neubau eines Fußballstadion für den 1. FC Saarbrücken eine vierte Großbaustelle aufgemacht werden soll, wird noch diskutiert.

Die Schilderungen der Befürworter, dass Saarbrücken durch die „Stadtmitte am Fluss“ zu einer „blühenden Landschaft“ werden wird, klingt nicht nur wie eine Drohung: Es ist eine. Man sollte sie ernst nehmen!

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